Der Schüleraustausch zwischen Nordmazedonien, Deutschland und Israel war ein bewegendes und prägendes Erlebnis. Initiiert wurde das Projekt durch den israelischen Botschafter für den Balkan, S.E. Dan Oryan, und Pfr. Hans Scholz im Jahr 2016. Nach der Renovierung des alten jüdischen Friedhofs in Bitola standen Begegnungen zwischen mazedonischen, deutschen und israelischen Jugendlichen im Vordergrund.
Das Bitola-Projekt hatte ich, Holger Bartsch, schon länger im Blick gehabt. Letztes Jahr konnte ich zusammen mit der Schulleiterin des Evangelischen Schulzentrums Chemnitz, Claudia Zimmermann, am Gedenken teilnehmen. Wir lernten die Schulleiterin vom Jozip-Broz-Tito Gymnasium, Lidia Spoa und ihren Kollegen Nikola Trajevski kennen. Zusammen mit der Leiterin der israelischen Initiative, Michal Schneider, beschlossen wir, einen Schüleraustausch zu organisieren.
Im März dieses Jahres wurde das Projekt nach einer Corona-Zwangspause fortgesetzt. Eine Gruppe von 23 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 11 des Agricola-Gymnasiums und des Evangelischen Schulzentrums Chemnitz nahm am Austausch teil. Gemeinsam erkundeten sie die Region um Bitola, besuchten den Nationalpark „Pelister“, den See „Prespa“ und lernten die Stadt kennen.
Besonders bewegend war der Besuch des jüdischen Friedhofs und die Teilnahme am „March of the Living“ (dt. „Marsch des Lebens“) in Bitola und Skopje, um der jüdischen Opfer des Holocaust zu gedenken. Auch Pfr.i.R. Hans Scholz und ich als Evangelisch-Lutherischer Pfarrer nahmen am Gedenkmarsch teil. Hans Scholz sagte dort beim Gebet: „Wir stehen beieinander, um an die schlimme Geschichte von 1943 zu denken. Wir halten zusammen in der grausamen Wirklichkeit des heutigen Judenhasses. Wir wenden uns miteinander an Gott unseren Vater mit den Worten des Psalm 86: Herr, neige deine Ohren und erhöre mich, denn ich bin elend und arm. Bewahre meine Seele, denn ich bin dein. Hilf du, mein Gott, deinem Knechte, der sich auf dich verlässt!“
Leider konnte die israelische Jugendgruppe wegen des Krieges nicht anreisen. Der Austausch ermöglichte den Schülerinnen und Schülern vor Ort dennoch, mehr über die Geschichte Bitolas und die jüdische Kultur zu erfahren und zu erleben, wie Nachfahren der ehemaligen größten jüdischen Gemeinschaft auf dem Balkan der Deportation ihrer Verwandten und Vorfahren gedenken. Schüler des Agricola-Gymnasiums schrieben in ihrer Schülerzeitung darüber: „Durch den Besuch des jüdischen Friedhofs, die Teilnahme an einer typischen Shabbat-Feier und mit Unterstützung unserer israelischen Begleiter, lernten wir mehr über den jüdischen Glauben und dessen Geschichte kennen.“
Geschichtslehrerin Janine Heiland schreibt über die beiden letzten Tage in Skopje: „Vor über 70 Jahren wurden am 11. März alle mazedonischen Juden in das KZ nach Treblinka deportiert. An diesem Tag bleibt das jüdische Museum in Skopje normalerweise geschlossen. Mich hat es tief bewegt, dass der Leiter des jüdischen Museums Goran Sadikario, der ein Nachfahre jüdischer Überlebender ist, für unsere deutsche Schülergruppe eine Ausnahme machte. Er öffnete das Museum und führte uns persönlich durch die Ausstellung.“
Der Abschied von den mazedonischen Austauschschülern nach fünf Tagen fiel den Jugendlichen schwer, doch die Erfahrungen und Freundschaften, die während des Austauschs entstanden sind, werden sie lange begleiten.
Zurück in Chemnitz sind viele Schülerinnen und Schüler dankbar für die einzigartigen Erfahrungen und planen bereits eine Rückkehr nach Nordmazedonien. Im September werden sie ihre mazedonischen Austauschschüler in Chemnitz empfangen.
Ein herzlicher Dank geht an Schulleiterin Claudia Zimmermann und die Lehrerinnen Dorothee Pohle und Janine Heiland, die mit viel Vorbereitung und persönlichem Einsatz diese unvergessliche Zeit ermöglicht haben.
So eine Begegnung braucht auch finanzielle Unterstützung und die haben wir bekommen über eine Förderrichtlinie des Landes Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.