KUL-TOUR – eine Begegnungserfahrung
Vom 5. bis 12. Oktober reisten 45 Kulturbegeisterte aus Chemnitz und Umgebung in die andere Europäische Kulturhauptstadt 2025, Nova Gorica/Gorizia. Die Städte an der slowenisch-italienischen Grenze empfingen uns mit einer Herzlichkeit, die weit über die bloße Begrüßung hinausging. Es war eine Reise voller Begegnungen, Geschichten und tiefer Eindrücke, die uns zeigten, was das slowenisch-italienische Kulturhauptstadtmotto „Go borderless! – Grenzen überwinden“ wirklich bedeutet.
Schon am ersten Abend wurden wir im Centro Culturale von San Rocco in Gorizia willkommen geheißen. Ein Blasorchester aus Musikern beider Städte spielte „Freude schöner Götterfunken“ und gab den Startschuss für Tage voller Wärme, Gastfreundschaft und intensiver Erlebnisse. Es war beeindruckend zu sehen, wie die Vergangenheit und Gegenwart dieser Region in persönlichen Geschichten und Begegnungen lebendig wurden. Eine Stadt, in der eine offene Grenze innerhalb Europas lange nicht bedeutet, dass alle Wunden der Vergangenheit verheilt sind.
Unsere Gastgeber begegneten uns mit einer Herzlichkeit, die tief berührte. Der Kulturassessor von Gorizia, Fabrizio Oreti, begrüßte uns auf der Burg mit den Worten: „Die ersten richtigen Chemnitzer sind angekommen!“ Es fühlte sich an wie der Auftakt einer lebendigen Verbindung zwischen den beiden Kulturhauptstädten. Das Team von San Rocco bezeichnete unsere Reise als „Probedurchlauf“ für 2025, doch in Wahrheit war es ein voller Erfolg – geprägt von Großzügigkeit, Freude und echter Begegnung.
Für viele Teilnehmende war diese Reise mehr als nur ein kulturelles Abenteuer. Es war ein Einblick in die Seele einer Region, in ihre Wünsche, Hoffnungen und ihren Glauben. Die Gastfreundschaft, die wir erleben durften, war zutiefst inspirierend – eine Gastfreundschaft, die mit Herz und Verstand gelebt wurde. Wir spürten, wie Brücken über kulturelle, sprachliche und historische Gräben hinweg gebaut werden können.
Die Reise endete mit einem Besuch der Kunstbiennale in Venedig, deren Thema „foreigner everywhere“ auf bewegende Weise die Mottos der Kulturhauptstädte 2025 aufgriff. Besonders tief berührte uns die Führung durch den Pavillon des Vatikans, der das Thema „C the unseen“ radikal umsetzte. Inhaftierte Frauen auf der Insel Giudecca führten uns durch ihre Gefängnisausstellungen – ein Moment der Begegnung, der uns die Kraft von Offenheit und Mitgefühl neu bewusst machte.
In der Bibel gibt es einen Brief von Paulus an die Hebräer. Darin schreibt er:
„Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt“.
In diesem Sinne war unsere Reise ein lebendiges Zeugnis für die transformative Kraft von Gastfreundschaft. Sie hat uns nicht nur neue Orte gezeigt, sondern uns auch gelehrt, wie wichtig es ist, mit offenen Herzen und offenen Türen aufeinander zuzugehen.
Die Erinnerungen an diese Reise tragen wir wie einen Schatz in uns – voller Dankbarkeit für die Menschen, die uns in Nova Gorica/Gorizia begegnet sind, und voller Inspiration, auch im Alltag Brücken zu bauen. Die Chemnitzer dürfen sich schon auf einen Gegenbesuch aus Nova Gorica/Gorizia freuen – ein weiterer Schritt in einer wachsenden Freundschaft zwischen den beiden Europäischen Kulturhauptstädten 2025.
Dr. Ulrike Lynn